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1918-1938-2008: Menschen in der Leopoldstadt

Die Leopoldstadt zum rassismusfreien Bezirk machen!

Rede KPÖ-Bezirksrat Josef Iraschkos zur Gedenkveranstaltung am 24.11.2008

Samstag 29. August 2009, von Josef Iraschko - Bezirksrat für KPÖ LINKS, Wien anders und PolDi

Als real existierender KPÖ-Bezirksrat in der Leopoldstadt möchte ich über konkrete Entwicklungen aus dem Jahre 2008 berichten:

Zur Angelobung des neuen Parlaments am 28. Oktober 2008 haben die
freiheitlichen ParlamentarierInnen den Schwur auf die österreichische
Verfassung mit einem offen und demonstrativ zur Schau getragenen
faschistischen Symbol geleistet, mit der blauen Kornblume auf
rot-weiß-roter Schleife im Knopfloch und Martin Graf, dezidierter
Bekenner zu einer krypto- bis offen faschistischen Burschenschaft,
stellte sich zur Wahl als dritter Präsident des Parlaments und wurde
auch gewählt.

Nichts kann kennzeichnender sein für den Zustand der politische Klasse
in unserem Land als einerseits im Bedenkjahr der faschistischen
Machtergreifung den antifaschistischen Charakter unserer Verfassung
verbal zu bemühen, gleichzeitig aber bei offener Verhöhnung eben dieser Verfassung, die ja auch das Verbotsgesetz beinhaltet, zu schweigen und zur Tagesordnung überzugehen. Mit dieser geduldeten symbolträchtigen Geste der FPÖ wurden nicht nur ihre ständigen Verstöße gegen die Menschenrechte sanktioniert sondern auch die letzten Hemmungen gegen rechts fallen gelassen.

Das Ergebnis dieser Politik wird uns mit der Neuauflage der Koalition seit
gestern deutlich präsentiert. Dr. Werner Vogt, Unfallchirurg und Pflegeombudsmann, hofft noch in einer Kolummne im gestrigen Kurier: " Koalition Neu kann es nur geben, wenn die Volkspartei ihrem Privatisierungswahn öffentlich abschwört und die Sozialdemokratie ihr neoliberales Mitläufertum gesteht und bereut."

Aber es wurde weder abgeschworen, noch bereut im Gegenteil: wir haben seit gestern eine ÖVP- Alleinregierung mit sozialdemokratischem Aufputz. Was kommt hier auf Österreich unter sozialdemokratischer Scheinführung zu? Justizministerium und Innenministerium in einer, noch dazu dezidiert reaktionären Hand. Das ist selbst dem Kommentator im ORF aufgefallen: Legislative und Exekutive bei der ÖVP. Erstes Ergebnis dieser Konstellation steht bereits fest: 1000 PolizistInnen mehr. Das System bereitet sich offenbar auf verschärfte Klassenauseinandersetzungen vor.

Was auch nicht wundern kann: 100 Milliarden Euro für das Finanzkapital, also jenem Kapital, dem wir die Krise eigentlich verdanken. Diese Umverteilung kann nur auf Kosten von Gesundheit, Bildung, Wohnen, Soziales und Umwelt gehen. Die Folgen werden wir
in den nächsten Jahren zu spüren bekommen. Dass die Wirtschaft die ohnehin zum Neoliberalismus konvertierte Sozialdemokratie vor allem wegen der Einbindung der Gewerkschaften als Koalitionspartner braucht verspricht für die ArbeitnehmerInnen nichts Gutes, oder wie es Dr. Vogt formuliert " Arm, krank, tot, das ist die große Bedrohung. Rot-schwarz + Gewerkschaft lässt wenig Hoffnung zu. Kranke Politik garantiert wenig Gesundheit".

Die KPÖ hat schon lange vor dieser Entwicklung gewarnt:
Neoliberalismus und Rechtsradikalismus sind wie eineiige Zwillinge, sie
haben die gleichen Ziele. Der offene Rassismus der FPÖ/BZÖ, ihre
Fremdenfeindlichkeit, dienen dem neoliberal organisierten Kapital auf
besondere Weise: je stärker die rassistische gesellschaftliche
Ausgrenzung von ImmigrantInnen, desto recht- und schutzloser sind sie
dem Arbeits- und Wohnungsmarkt ausgeliefert. Die Wirtschaft bekommt
wehrlose und damit billige Arbeitskräfte, und der private Wohnungsmarkt verdient sich an den Wohnung suchenden ImmigrantInnen goldene Nasen durch den rassistisch versperrten Zugang zum kommunalen öffentlichen Wohnungsbau. Noch viel entscheidender aber für das Kapital ist der Rassismus als Spaltungs-instrument innerhalb der arbeitenden Klassen. Diese Spaltung ist äußerst wirksam und das wichtigste Ziel im neoliberalem und rechtem Gleichschritt.

Humanismus und Menschenrechte sind zwar richtige und notwendige
Antworten auf Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Aber sie sind
gleichzeitig zu wenig. Neben humanitären Gründen bekämpfen wir Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vor allem deswegen, weil sie ein herrschaftliches Instrument zur Spaltung der arbeitenden Menschen sind. Wir kämpfen für eine andere Gesellschaft (eine andere Welt ist möglich!) und in diesem Kampf darf es nicht sein, dass sich die arbeitenden Menschen gegeneinander aufhetzen lassen und sich so im Kampf um eine andere, gerechtere und bessere Welt schwächen. Der Kampf für eine andere Gesellschaft kann nur gemeinsam geführt werden und da müssen auch durchaus vorhandene zwischen-gesellschaftliche Differenzen hintanstehen. Gleichzeitig ist der
Kampf gegen den Rechtsradikalismus ein wichtiger Beitrag gegen den
Neoliberalismus.

Wer den arbeitenden Menschen eine lebbare solidarische Zukunft gibt,
braucht keine Angst vor rechten Erklärungsmustern zu haben. Es muss uns bei allen Differenzen eines klar sein: der Rechtsradikalismus darf sich nicht gesellschaftlich etablieren und manifest werden. Hier müssen
Bündnisse und Zusammenarbeit bis weit in das konservative und kirchliche Lager geschaffen werden, ohne allerdings zu verschweigen, dass nur eine andere, gerechtere Gesellschaft das Übel Rassismus ausrotten kann.

Es freut mich daher besonders, dass es hier in der Leopoldstadt einen
Versuch gibt, parteiübergreifend eine Zusammenarbeit gegen
Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Frauenfeindlichkeit anzustreben mit dem Ziel, im Jahr 2009 die Leopoldstadt zu einer rassismusfreien Zone zu machen. Unser Vorschlag ist dabei, parteiübergreifende bezirkliche Stadtteilkommitees zu gründen, die durch Aufklärungsarbeit und mutiges antirassistischen Auftreten in der Öffentlichkeit einen Beitrag dazu leisten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!


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