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Die Schlacht um den Gemeindebau ist eröffnet

Freitag 7. Mai 2010, von Josef Iraschko - Bezirksrat für KPÖ LINKS, Wien anders und PolDi

220.000 Wohnungen und mehr als 400.000 Wählerstimmen sind natürlich für die kommende Wien-Wahl ein stark begehrtes und umworbenes Stimmenpotenzial. Die ÖVP und vor allem die FPÖ überbieten sich in salbungsvollen Anbiederungsversuchen.

Allein am 28.4.2010 gab es drei APA-Meldungen zu den Gemeindebauten und tags darauf präsentiert die FPÖ eine "Dringliche Anfrage" für die Gemeinderatssitzung, Titel: "Dringliche Anfrage zum Mietwucher". Die SPÖ überlässt aber ihre ehemaligen "Trutzburgen" nicht kampflos den wahltaktischen und auf Medienwirksamkeit spekulierenden Ergüssen der Opposition. "Wohnpartner unterwegs" werden aus den früheren Gebietsbetreuungen mobilisiert, um - zumindest bis zur Wahl im Oktober - sich um die Sorgen und Nöte der MieterInnen von WIENER WOHNEN, nein, nicht zu kümmern, sondern sich diesen mit offenen Augen und Ohren zu stellen, nach dem Motto: Nach der Wahl ist ohnehin wieder alles anders, da machen wir lustig weiter wie bisher.

Als langjähriger Mietrechtsexperte des MieterSelbsthilfeZentrums (MSZ) der KPÖ-Wien kenne ich den Wiener Wohnungsmarkt nicht nur vom wahltaktischen Blickwinkel aus, sondern bin tagtäglich mit ganz konkreten MieterInnenproblemen konfrontiert. Und da finde ich es schon dreist bis verlogen, wenn die FPÖ einfach von links abschreibt und so tut, als wäre sie die Hüterin des sozialen Gewissens auf dem Wohnungsmarkt.

Das Gegenteil ist der Fall: es ist bekannt, dass gerade die FPÖ auf dem privaten Wohnungsmarkt ihre Klientel sitzen hat. Großverwaltungen und Immobilien-Investoren zählen zu ihren parteipolitischen Förderern, es sei nur an die BUWOG-Skandal-Privatisierung erinnert oder auch den ehemaligen FPÖ-Justizminister Böhmdorfer, der für seine Immobilienklientel das kostenfreie Außerstreitverfahren auch im Mietrecht abgeschafft hat.

Dank FPÖ und ÖVP und natürlich mit Mitwirkung von SPÖ
(Wohnrechtsnovelle 1994!) bewegen sich heute die Wohnungsmieten in
Wien bereits zwischen € 8-14 pro m² netto. Wenn sich FPÖ-Stadtrat Herzog auf einer Presskonferenz hinstellt und vom "SPÖ-Mietwucher" im Gemeindebau spricht, weil WIENER WOHNEN bei Neuvermietungen statt dem Kategorie-A-Mietzins von € 3,08/m² neunzig Prozent vom Richtwertmietzins, also € 4,42/m² statt derzeit € 4,91 verlangt, dann wird die Heuchelei und Verlogenheit unerträglich.

WohnbauexpertInnen gehen heute davon aus, dass für die Erhaltung und Instandhaltung von Wohnbauten, zumindest der Kategorie-A-Mietzins erforderlich ist. Und immerhin muss man WIENER WOHNEN zugute halten, dass es (noch!) keine befristeten Verträge gibt, wie im privaten Wohnungsmarkt üblich - die eigentliche Ursache der Explosion der Wohnungsmieten in den letzten 10 Jahren. Erst durch die Befristungen wurde für die immer mehr sich ausbreitenden Investorengruppen der Wiener Wohnungsmarkt für Spekulationen attraktiv gemacht. Wobei man getrost davon ausgehen kann, dass da den historischen Gesetzesgeber (SPÖ+ÖVP) offensichtlich die „unsichtbare“ Hand der Immobilienspekulanten geführt hat.

Ohne WIENER WOHNEN in Schutz nehmen zu wollen, denn nach den Wahlen wird sich auch auf diesem Sektor noch mehr Brutalität (z.B. willkürliche Kündigungen), Preistreiberei, Korruption und Firmenbegünstigungen vor allem bei den §18 MRG-Sanierungen
abspielen.

Aber hinter der Taktik von ÖVP und FPÖ steckt nicht nur bloßes Wahlkampfgetöse: sie wollen den noch von Spekulation geschützten Gemeindebau privatisiert sehen um diesen sämtlich dem "freien Markt" auszuliefern.

Die KPÖ-Wien fordert demgegenüber von der Wiener SPÖ:

- Kein Verkauf von Gemeindewohnungen
- Senkung der Betriebskosten
- Rückkehr zu den Kategorie-Mietzinsen
- Bei Gemeindebau-Sanierungen dürfen nicht mehr sämtliche Kosten auf die MieterInnen überwälzt werden. Unser Vorschlag: 1/3 Förderung, 1/3
EigentümerInnen, 1/3 MieterInnen.
- Wirkliche Demokratisierung durch Aufbau von
- Selbstverwaltungsstrukturen im Gemeindebau
- Drastische Erhöhung der Fördermittel
- Wiederaufnahme des Wohnbaus durch die und im Eigentum der Gemeinde Wien (seit 2004 wurde keine Gemeindewohnungen mehr gebaut)
- Für Wohnungen dürfen nie mehr als 30% des Familieneinkommens verlangt werden

Josef Iraschko, MSZ
Mai 2010


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