In seiner Huldigung und Bejubelung des Bartenstein/Pühringer’schen-Privatstiftung-Projekts "Sängerknaben-Konzertkristall" verhöhnt Norbert Walter (ÖVP) nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die bisher nur ängstlich abwartende bis abnickende Bezirksvorstehung des 2. Bezirks, wenn er davon spricht: "dass ein behutsamer Umgang mit dem historischen Gelände Vorrang haben muss".
Der Wunschbrief an das Christkind oder eben die "Verarschung" lautet dann: es soll keine Einschränkung der Lebensqualität durch die anstehenden Bauarbeiten geben, der Schutz der historischen Anlage und der Grünflächen habe höchste Priorität, ein Verkehrskonzept sei überdies notwendig und der "Konzertkristall" werde zum zukünftigen Treffpunkt und Aushängeschild des Bezirks.
Was soll man zu derartig unglaubwürdigen Aussagen sagen? Das Gegenteil davon wird auf Kosten der Anrainer und Erholungssuchenden tatsächlich passieren. Dass der von vornherein für die Tourismusindustrie geplante Konzertsaal auch zum Treffpunkt und Aushängeschild des Bezirks wird, ist schwerstens zu bezweifeln.
PolDi hat schon im April mit vielen Menschen im Bezirk gesprochen und dabei haben wir festgestellt, dass kein/e einzige/r Befragte/r jemals in einem Sängerknabenkonzert gewesen ist. Die Sängerknaben sind in der Wahrnehmung der meisten BewohnerInnen eben ein anachronistischer Film- und Fernseh-Kitsch, der mit der Wirklichkeit und mit dem Leben im Bezirk kaum etwas zu tun hat. Was hier gegen den Willen und gegen die Interessen der Bevölkerung durchgesetzt wird, ist nichts anderes als ein Tourismusprojekt, bei dem irgendwelche von der Politik Begünstigte schon glitzernde Augen bekommen, weil Sie an den Profit denken, den sie sich dort - auf Kosten der Anrainer und der Lebensqualität der hier Wohnenden - erwarten.
Natürlich wird sich auch die Immobilienbranche die Hände reiben. Eine
Hochblüte für Spekulanten ist zu erwarten, führt ein solches Projekt doch aus Erfahrung zu höheren Mieten, Grundstück- und Bodenpreisen. Der Absiedlungsdruck auf die alteingesessenen MieterInnen wird entsprechend zunehmen und wie man weiß: hinter dem Schutzschild eines politisch gewollten "Aushängeschildes" wird es für die dort wohnende Bevölkerung kaum noch Rechtssicherheit vor dem wachsenden Absiedlungsdruck geben. Von der Erhaltung des Grün- und Erholungsraums herumzufaseln, wie es unser bemühter ÖVP-Stadtrat tut - das kann man nur mehr als Zynismus bezeichnen.
Wenn Wirtschaft und Politik von der Aufwertung eines Bezirks reden, dann sollte man genau zuhören und sich warm anziehen, denn sie meinen grundsätzlich etwas Anderes als wir: nämlich die profitable und ungehemmte Verwertung von Wohn-, Grün- und Erholungsraum.
Und was tut die SPÖ, die immerhin in Wien und auch in der Leopoldstadt die Alleinregierung bildet? Was tut die Bezirksvorstehung? Bürgermeister Häupl strotzt vor Scheinheiligkeit und redet so, als ob er mit dieser Entscheidung nicht zu tun hätte, obwohl sowohl er, die SPÖ-Mehrheit im Gemeinderat, als auch die Bezirks-SPÖ bereits im Frühjahr 2007 dem Sängernknaben-Projekt ohne Wenn und Aber zugestimmt haben. Es ist ein Jammer, wie in diesem Land, in dieser Stadt politische Entscheidungen fallen, offenbar nur noch nach dem Prinzip: wer bietet mehr!
Es ist zu hoffen - und die ersten Reaktionen geben dazu lustvollen
Anlass -, dass hier breiter Widerstand gegen diese miese Art von Politik
die Durchführung dieses Projekts verhindert. Je mehr und größer der
Widerstand, desto besser (eine Besetzung des Augartenspitz wurde bereits in einem Video-Bericht auf wienweb.at angekündigt). PolDi macht jedenfalls dabei mit.