Das kann den Machthabern, den Mächtigen, dem Wirtschaftsbund und der Industriellenvereinigung nur recht sein, denn die sind natürlich bestens organisiert und wissen auch, wie sie ihre eigenen Interessen optimal durchsetzen.
Zuweilen wird auch Demokratie gespielt. Mit großem Getöse lässt man in der Stadt über ein paar No-Na-Fragen abstimmen. Wenn sich Menschen FÜR ein konkretes Projekt engagieren und dafür nicht den Sanktus der großen Parteien haben, ist es mit demokratischer Mitbestimmung allerdings aus.
Sängerknabe Nettig scheut die Öffentlichkeit
Denn würde man in der Leopoldstadt (oder auch Brigittenau) eine Volksbefragung zur Frage organisieren, ob die Wiener Sängerknaben im Augartengelände einen eigenen großen und sehr teuren Konzertsaal benötigen, wäre das Ergebnis klar: Die große Mehrheit würde sicher gegen das unnötige Bauvorhaben stimmen! Aber da wiegen die Interessen der Bauwirtschaft und der Tourismusbranche mehr, denn die sind die einzigen Gewinner bei dieser Geldverschwendungsaktion. Dafür sorgt schon der Außenwirtschaftsbeauftragte der Stadt Wien, Walter Nettig, der zugleich Präsident des Vereins der Wiener Sängerknaben ist. Als mit den BesetzerInnen des Augartenspitzes ein Gespräch angesagt war, wurde der Termin vom Wirtschaftskämmerer Nettig kurzfristig abgesagt, nur weil die Besetzer darüber auch die Presse informiert hatten. Warum scheuen Nettig und sein Präsidium die Öffentlichkeit?
Schlägertrupps statt Dialog
Stattdessen setzte das Sängerknaben-Präsidium Schlägertrupps einer privaten Security-Firma zur Räumung des Geländes ein. Weil die Polizei sich weigerte, da ( noc) ̶ die dafür rechtlichen Voraussetzungen gefehlt hatten. Nebenbei war auch zu erfahren, dass für die Security-Typen das eine "praktische Übung" für den Fall möglicher Betriebsbesetzungen gewesen sei. Um hier eine Räumung von streikenden Arbeitern zu trainieren?
Nicht lange nach dieser Aktion wurde bekannt, dass es früher auch im Internat der Wiener Sängerknaben sexuellen Missbrauch und Schläge für die Zöglinge gegeben hatte.
Gewalt mit System
Was war die Folge dieser Beschuldigungen? Hat irgendjemand davon gehört, dass etwa die Staatsanwaltschaft in dieser Frage aktiv geworden wäre? Und: Da hat offensichtlich die Aufsicht über die Pädagogen der Wiener Sängerknaben versagt! Und davon soll Herr Nettig nichts gewusst haben?
Wie ist es möglich, dass ein Mann, der einen so sorglosen Umgang mit Gewalt hat, weiterhin Außenwirtschaftsbeauftragter der Stadt Wien bleiben kann? Die Stadtregierung (und damit auch die SPÖ) macht es sich in dieser Frage einfach: "Uns geht das nichts an, denn der Augarten ist unter der Verwaltung der Burghauptmannschaft, die untersteht wiederum dem Wirtschaftsministerium, daher können wir nichts machen." Der mächtige Bürgermeister Häupl soll in dieser Frage plötzlich ganz machtlos sein? Jedenfalls beweisen die BesetzerInnen am Augartenspitz täglich, dass die WienerInnen ganz sicher nicht "politikverdrossen", sondern nur von der praktizierten Stadtpolitik verdrossen sind.