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Eine "gläserne Decke" namens Stadtverfassung

Samstag 14. April 2012, von Nikolaus Lackner

Die Bezirksvertretung ist ein demokratisch gewähltes Gremium. Und
jede/r Bezirksrat/rätin hat als solche/r nicht nur das Recht
sondern auch die Pflicht, sich zum Wohl der Allgemeinheit mit jenen
Themen auseinanderzusetzen, die die BürgerInnen des Bezirks betreffen.
Möchte man meinen. Ist aber nicht so.

Die letzten Monate zeigten uns in der politischen Arbeit auf Bezirksebene vor allem eines: Das effizienteste Mittel der Mächtigen dieser Stadt um BürgerInnenproteste oder lästige Fragen abzuwehren, ja, abzuwürgen, ist die sogenannte "Wiener Stadtverfassung".

Der Teufel steckt hier im Detail. So konnten wir zwar die Durchführung einer BürgerInnenversammlung zum Thema "Postamtsschließungen" erzwingen: jedoch wurde diese unter Verweis auf die Stadtverfassung in eine Werbeveranstaltung für die Postprivatisierung umgewandelt.

Dass es einen einstimmigen Beschluss der demokratisch gewählten Bezirksvertretung gab, scheint nicht viel zu zählen, wenn es um Machtausübung geht. Dass KPÖ Bezirksrat Josef Iraschko eine Durchführung als Podiumsdiskussion mit VertreterInnen aller Parteien und der Post vorgeschlagen hatte und ALLE (!) Parteien diesem Vorschlag zustimmten, war dann doch zu demokratisch für die Stadt Wien. Und so wurde unter Verweis auf die Stadtverfassung der Beschluss beiseite gewischt und in sein Gegenteil verkehrt. Es saßen am Podium: Zwei Vertreter der Post und der Bezirksvorsteher.

Fragen darf man. Aber eine Antwort braucht man sich nicht zu erwarten.

Dass die BezirkskaiserInnen in Wien mit einiger Macht ausgestattet sind, hat obiges Beispiel gezeigt. Dass die Macht auch oft ziemlich überheblich daherkommen kann, zeigen unsere Erfahrungen im Umgang mit inhaltlichen Anfragen an die Bezirksvorstehung.

So scheint die Standardantwort von Bezirksvorsteher Kubik (SPÖ) auf
Anfragen durch KPÖ-Bezirksrat Josef Iraschko schon von vornherein
festzustehen: Keine Antwort, Verweis auf die Stadtverfassung. Und für
diese "Antworten" benötigt er sogar ganze vier Monate!

So wurden die KPÖ-Anfragen am 27. März 2012 "beantwortet":

1. Anfrage: "Notwendige Änderung der Stadtverfassung, besonders §104, Absatz 1".
Antwort: Kann nicht beantwortet werden, da dies in die Zuständigkeit des Wiener Landtages fällt.

2. Anfrage: "Öffentliche Räume werden an private Unternehmen zur profitablen und exterritorialen Nutzung vergeben".
Antwort: alle in der Anfrage zu diesem Thema formulierten Punkte sind gemäß Wiener Stadtverfassung und Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen nicht beantwortbar, weil darin keine den Wirkungsbereich der Leopoldstadt betreffenden Fragen enthalten sind.

3. Anfrage: "Der Raiffeisen-Konzern soll Groß-Eigentümer an Grund und
Boden im 2. Bezirk, insbesondere entlang des Donaukanals sein".
Antwort: die bezüglichen Fragen sind aufgrund der Wiener Stadtverfassung und der GO der BV nicht beantwortbar.

Verlangt klare Antworten auf seine Fragen: KPÖ-Bezirksrat Josef Iraschko

FAZIT: Eine "Verfassung" die es nicht zulässt, dass demokratisch gewählte BürgerInnenvertreter Fragen stellen, kann und darf es nicht geben. Was wir hier sehen ist also eine Interpretation der Verfassung durch einen Beirksvorsteher, der sein Heil in der "Methode Mensdorff-Pouilly" zu suchen scheint: Auf Fragen nur Antworten, wenn es sich partout nicht vermeiden lässt.

Herr Bezirksvorsteher: Ändern Sie diese Praxis!

Die Leopoldstadt ist einer der am dichtesten besiedelten Bezirke
Österreichs. Fast einhunderttausend Menschen leben hier. Und diese haben auch ein Recht auf demokratische Vertretung, die diesen Namen verdient.

Wir von KPÖ & PolDi fordern daher den Bezirksvorsteher auf, die
Stadtverfassung nicht als Mauer gegen die BürgerInnen einzusetzen,
sondern als Brücke zueinander. Die Grundlage demokratischen
Zusammenlebens sollte keinesfalls zu einem Betonfundament für
übergeordnete Machtinteressen umgedeutet werden.

Wir fordern Herrn Kubik weiters dazu auf, im Kreise der BezirksvorsteherInnen Wiens zu einem Vorreiter der progressiven und bürgernahen Auslegung der Stadtverfassung zu werden, anstatt sich hinter dieser zu verstecken. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran anstatt mit schlechtem hinterher!

Nikolaus Lackner, KPÖ&PolDi Leopoldstadt


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