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Nichts Gutes für die MieterInnen

Zur geplanten Wohnrechtsnovelle 2009

Samstag 7. März 2009, von Josef Iraschko - Bezirksrat für KPÖ LINKS, Wien anders und PolDi

Diese Koalition ist eine Bedrohung! Wenn es dafür eines Beweises mehr bedarf, so sollte man sich mit dem in der Vorwoche in den Bautenausschuss eingebrachten Initiativantrag von ÖVP und SPÖ beschäftigen, der einige Änderungen im Wohnrecht zum Ziel hat.

Künftig Wohnen
Zunächst zu dem offensichtlich angenehmen und kooperativen Klima zwischen den Koalitionsparteien, welches zu verschiedenen Gesetzesänderungen führen soll, wo einerseits für die MieterInnen eine scheinbare Verbesserung, für die VermieterInnen-Seite jedoch tatsächlich Essentielles erreicht wird:

„Es ist erfreulich, wie gut das Bundesministerium für Justiz und die
Regierungsparteien in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
zusammengearbeitet haben. Es zeigt auch, dass ein neuer politischer
Stil in der Zusammenarbeit zwischen den Parlamentsparteien und dem
Justizministerium Einzug hält“,

„Wir haben eine Lösung gefunden, die einerseits den Mietern im Jahr
2009 eine Erhöhung der Mietzinse um 3,2 Prozent erspart aber
andererseits die Werthaltigkeit der Mietzinse wahrt“, so die beiden
Wohnbausprecher Ruth Becher (SPÖ) und Peter Sonnberger (ÖVP) unisono.

Jeder Wohnungssuchende weiß, dass es auf dem Wohnungsmarkt keine gemeinsamen Interessen zwischen VermieterInnen und MieterInnen gibt und schon gar nicht ein harmonisches Miteinander. Diese Selbstbeweihräucherung ist verdächtig, und schaut man sich den Antrag genauer durch, dann weiß man auch warum.

Es geht hauptsächlich um drei Änderungen:

Kautionen

Die Kautionen sollen endlich - einer langjährigen Forderung der MieterInnen-Organisationen entsprechend - in das Außerstreitverfahren übergeführt werden was besagt, dass sie nicht mehr von Anfang an über ein kostenintensives Gerichtsverfahren eingeklagt werden müssen. Bedenkt man aber, dass das kostenfreie Außerstreitverfahren seit Anfang 2005 abgeschafft wurde und nur mehr die erste Verfahrensstufe, die Schlichtungsstelle, kostenfrei ist, dann fragt sich, was sich hier für die MieterInnen geändert hat, da doch die Erfahrungen zeigen, dass sich die VermieterInnen nur selten mit den Entscheidungen der Schlichtungsstellen zufrieden geben. Möglicher Weise bringt das einen Mitgliederzuwachs bei den MieterInnen-Organisationen, aber ob sich dabei für die MieterInnen wirklich was zum positiven ändert, scheint äußerst fraglich. Dazu kommt, dass mit einem starken Anwachsen solcher Verfahren vor der Schlichtungsstelle zu rechnen ist, was diese bei der zu erwartenden nicht aufgestockten Personalstärke vor unlösbare Aufgaben stellen und letztlich sämtliche mietrechtliche Verfahren in die Länge ziehen wird.

Ein positiver Aspekt lässt sich allerdings erkennen, nämlich der, dass die Kautionszahlungen in einem Insolvenzverfahren gegenüber dem Vermieter nicht in der Konkursmasse verschwinden dürfen. Auch wenn solche Fälle relativ selten vorkommen, so ist das sicherlich positiv zu vermerken.

Trotzdem ist das ganze in Wirklichkeit eine Augenauswischerei, die offensichtlich dazu dient, andere, für die VermieterInnen-Seite tatsächlich erfolgten Zugeständnisse ein wenig zu vernebeln.

Änderung des Richtwertgesetzes

Die Richtwertmieten sollen ab sofort erst jedes zweite Jahr an den Index angepasst werden. Natürlich hat das unmittelbar eine aufschiebende Wirkung, aber letztlich ändert das nichts an der generellen Wertanpassung der Mieten zu Gunsten der VermieterInnen. Dazu eine APA-Aussendung der Arbeiterkammer:

" Die AK hat ausgerechnet: Schon die nächstes Jahr drohende Anhebung
der Mieten um voraussichtlich 4,5 Prozent bedeutet für MieterInnen
einer durchschnittlichen Richtwertmietwohnung mit einer 700 Euro
Miete (ohne Mehrwertsteuer und überwälzbare Mietnebenkosten) um
monatlich fast 32 Euro mehr zahlen. Aufs Jahr gerechnet sind das 378
Euro mehr.

"Es ist unfair, wenn die Hausbesitzer ihre Gewinne einfach auf
Grund von Inflationsraten regelmäßig steigern können und die Mieter
dadurch immer mehr bezahlen müssen", so der AK Präsident. Gerade
angesichts der aktuellen Jänner-Inflationsraten (1,2 Prozent) zeigt
sich wieder, dass die Mieten mit 2,9 Prozent besonders stark in die
Höhe gegangen sind und dadurch die Belastungen der MieterInnen
überproportional zunehmen."

So nachvollziehbar und richtig die Argumentation der AK ist und wir dem auch voll zustimmen, so ist leider auch die AK inkonsequent, wenn Sie eine Erhöhung der Mieten erst nach 5 Jahren vorschlägt. Auch wenn die AK das dann mit der Forderung nach einer Halbierung des Index für die Mietsteigerungen verbindet, so wird damit die Grundaussage, dass die MieterInnen die Gewinne der HaubesitzerInnen bezahlen müssen letztlich wieder konterkariert.

Das MSZ fordert seit Jahren eine völlige Entkoppelung der Mieten vom Index, nur das würde zu einem tatsächlichen Mietzinsstopp führen.

Energieausweis (gemäß Energieausweis-Vorlage-Gesetz -EAVG)

Die Schnelligkeit, mit der diese gesamten Änderungen mittels eines Initiativantrags durchgesetz werden sollen (das Gesetz soll bereits mit 1.April 2009 in Kraft treten) legen den Verdacht nahe, dass es in Wirklichkeit, neben den Scheinzugeständnissen für die MieterInnen, um eine weitere wesentliche Entlastung der VermieterInnen-Seite gehen soll. Und die Skeptiker sollten Recht bekommen: seit längerer Zeit wird in den einschlägigen Immobilienzeitungen eine heftige Debatte darum geführt, wer denn die nicht unerheblichen Kosten der Erstellung eines Energieausweises bezahlen solle. So gibt es Schätzungen, dass bei großen Häusern die Kosten mindestens 1 € pro qm Nutzfläche betragen. Die Immobilienbranche war sich aber stets darin einig, dass die Durchsetzung dieser gesetzlichen Maßnahme nicht sie treffen dürfe. Unsere Koalitionsparteien haben nun den Stein der Weisen gefunden: die Kosten haben die MieterInnen zu tragen.

Wir vom MSZ haben schon früher keinen Zweifel gehegt, dass die Vermieter-branche diese Kosten auf die MieterInnen überwälzen würde. Klar war nur noch nicht der Weg. Immerhin erfolgt die Kostenüberwälzung nicht über die Betriebskosten-Abrechnung - da müssen wir ÖVP und SPÖ fast schon dankbar sein - sondern über die Mietzinsreserve. Dort dürfen Sie als Kosten ausgewiesen werden und das - man merke die eigentliche Absicht des gesamten Gesetzeswerkes - rückwirkend zum 1.Jänner 2009. Dies führt bei großen Anlagen (z.B. vor allem bei den großen Gemeindebauten) zu einer erheblichen Mietensteigerung in den sogenannten § 18-Verfahren, wo durch diese Kosten eine eventuell positive Mietzinsreserve sehr schnell ins Passivum rutschen wird.

Schlussbemerkung

Abschließend lässt sich feststellen, dass SPÖ und ÖVP wieder einmal auf Kosten der MieterInnen "gut zusammengearbeitet" haben. Das es nur um die erwähnte Kostenüberwälzung auf die MieterInnen gegangen ist beweist auch die Tatsache, dass die seit Jahren anstehenden Fragen der Instandhaltungskosten (z.B. Thermen, Ausmalen etc.) überhaupt nicht angetastet wurden. Hier besteht nach wie vor große Rechtsunsicherheit zu Ungunsten der MieterInnen, die im Ernstfall das Kostenrisiko tragen müssen.

Josef Iraschko, MSZ (Mieterselbsthilfe-Zentrum)

März 2009


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