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Mieten wie in München, Vororte wie in Paris

Katastrophe Wohnungsmarkt

Freitag 30. Mai 2008, von Doris Schlager

Die Steigerung der Mietkosten ist die Folge einer grundsätzlich veränderten Wohnpolitik. Während jahrzehntelang die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum durch die öffentliche Hand unumstritten war, verabschiedete sich die große Koalition im Jahr 1994 mit der Einführung des Richtwertmietzinses endgültig von dieser Aufgabe. Die zukünftige Entwicklung zeichnet sich ab: Preise wie in München, soziale Spannungen in den Vororten wie in Paris.

Im Steuerparadies Österreich wird die Wohnbauförderung eingefroren und die Gemeinde Wien stellt den kommunalen Wohnbau überhaupt ein. Notwendiges Opfer ist der MieterInnenschutz, denn privat wird nur gebaut, wenn die Renditeerwartungen stimmen. Dies setzt aber voraus, dass das Angebot an leistbarem Wohnraum knapp ist und die Mietzinsbeschränkungen auch im Altbau fallen. Die Richtwertmieten im Altbau unterscheiden sich nur noch geringfügig von den Mieten im Neubau, die keinerlei Mietzinsbeschränkung unterliegen. Der Quadratmeterpreis bei Neuvermietungen im Altbau beträgt in durchschnittlichen Lagen inzwischen rund 7 Euro, in guten Lagen 10 Euro - ohne Betriebskosten und Mehrwertsteuer!

So verändert sich die Eigentümerstruktur in Wien rapide, der private Hausherr mit einigen wenigen Zinshäusern ist eine aussterbende Art, die großen Immobilienfonds treten auf den Plan. Bezeichnenderweise gelang es dem Sohn des ehemaligen Billachefs Wlaschek in einem großen Coup 70 Zinshäuser um 140 Millionen Euro aufzukaufen, um sie anschließend an einen solchen Fonds um 160 Millionen Euro weiterzuverkaufen.

Für die betroffenen MieterInnen heißt die neue Spekulationswelle, dass mit allen Mitteln versucht wird, MieterInnen mit Altverträgen, die noch den Kategoriemietzins zahlen (2.91 €/qm für Kat. A ohne BK und Mwst.), herauszudrängen. Oft werden Detekteien beauftragt, um Kündigungsgründe zu suchen. Wenn dies nicht gelingt, wird durch Ablösen versucht, MieterInnen ihre Rechte abzukaufen. Die Summen, die geboten werden, sind angesichts der Tatsache, dass anschließend für die selbe Wohnung dreimal so hohe Mieten verlangt werden - ohne auch nur einen Cent zu investieren - ein Pappenstiel.

Betroffen sind vor allem junge Menschen, die jetzt auf Wohnungssuche sind, aber auch die Genossenschaften, da durch diese Entwicklung die Bodenpreise in den Innenbezirken Wiens rasant gestiegen sind. Geförderter Wohnbau zu leistbaren Mieten wird in Zukunft nur noch in schlecht erschlossenen Randbezirken möglich sein.

Noch ist diese Entwicklung umkehrbar, bevor am Stadtrand von Wien die Vororte mit all den sozialen Folgen, wie wir sie aus Paris kennen, entstehen. Bedingung dafür ist aber die Rückkehr zu klaren Mietzinsobergrenzen - nicht nur im Altbau.


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