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Bericht aus der Bezirksvertretung Leopoldstadt

Mai – Schein und Wirklichkeit

Donnerstag 22. August 2013, von Josef Iraschko - Bezirksrat für KPÖ LINKS, Wien anders und PolDi

Endlich, 68 Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945, hat das offizielle Österreich erstmals den Tag der Befreiung von der barbarischen nationalsozialistischen Diktatur feierlich begangen. Dieser Tag markiert das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa, der über 50 Millionen Menschenleben gefordert und unendliches Leid gebracht hat. Dieses Datum brachte das Ende der Diktatur des verbrecherischen NS-Regimes, das mit dem Holocaust eine untilgbare Schuld auf sich geladen hat. Es markiert auch die Wiederherstellung Österreichs als selbstständigen und demokratischen Staat. Bedauerlich ist, dass auch diesmal die hauptsächlichen Träger des aktiven Widerstandskampfes weder genannt, noch ein/e Vertreter/in zu dem Festakt eingeladen wurde.

Waren die antifaschistischen Bekenntnisse der sozialdemokratischen Führung am 8. Mai 2013 Teil einer Stimmenfang-Strategie? Das hier dargestellte Beispiel lässt das leider vermuten:

Zur Sitzung der Bezirksvertretung Leopoldstadt am 18. Juni 2013 wurden von mir zwei Anträge zum Thema 8. Mai eingebracht. Erstens sollte jeweils zu diesem Datum das Amtshaus Leopoldstadt zur Erinnerung an den Tag des Sieges über den Faschismus in Europa beflaggt werden. Zweitens sollte der Bezirk ergänzend öffentliche Feiern und Debatten zu den Themen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und rassistische Hetze organisieren.

Die Anträge wurden von der Mehrheitsfraktion (SPÖ) mit Unterstützung von ÖVP und FPÖ zur Sitzung nicht zugelassen.

In unserem Bezirk werden des öfteren mit einer an Willkür grenzenden Methode Anträge aus angeblich formalen Gründen nicht zugelassen.

Außerdem ist es seit Jahren üblich, die Zurückweisung von Anträgen nicht zu begründen, geschweige denn, die AntragstellerInnen auf Verbesserungen hinzuweisen.

Diesmal aber wollte ich mich mit der Ablehnung meiner Anträge nicht abfinden und schrieb an den Verfassungsdienst im Wiener Rathaus um Aufklärung. Die Antwort erging seltsamer Weise nicht an mich, sondern an den Bezirksvorsteher.

Es ist interessant, wie die Stadt Wien Demokratie definiert, daher einige Auszüge aus dem Schreiben:

„Angelegenheiten der Gesetzgebung, der Gemeindeabgaben, Entgelte und Tarife sowie Personalangelegenheiten können nicht Gegenstand von Anträgen sein...

Abgesehen davon, dass diese essentiellen Einschränkungen jeglicher Art von Demokratie und Bezirksautonomie widerspricht, fragt man sich zu Recht: welche Aufgaben verbleiben dann der Bezirksvertretung? Weiter aus der
Antwort:

… „Die Prüfung der Zulässigkeit eines Antrages gemäß
§ 104 WStV obliegt somit dem Vorsitzenden der Bezirks-
vertretung. Dessen Entscheidung ist endgültig und obliegt keiner weiteren Überprüfung...“

Demokratieverständnis?
Der Vorsitz der BV versteckt sich relativ oft hinter Formalitäten, um unliebsame Anträge nicht zur Sitzung zulassen zu müssen. Diese Zulassung wäre ja Grundvoraussetzung, dass das Bezirksparlament überhaupt informiert wird und inhaltliche Debatten über Anträge ermöglicht werden. Für mein Demokratieverständnis, und auch für mehr Interesse der Bezirksbevölkerung an den Diskussionen in der BV, wäre es doch wichtiger, dass die Verantwortlichen im Bezirk einem/er Antragsteller/ Antragstellerin Abänderungen oder Verbesserungen vorschlagen. Das würde doch zu einer anderen, lebendigeren Debattenkultur führen.

Die eigentliche demokratiepolitische Frage ist: wie kann das einen Antrag ablehnende Gremium gleichzeitig auch die oberste Instanz der Kontrolle darüber sein?


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