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Von der EU verordnet, von "unserer" Regierung brav umgesetzt

Smart Meter, der "intelligente" Spionage-Stromzähler

Donnerstag 24. Mai 2012, von Josef Iraschko - Bezirksrat für KPÖ LINKS, Wien anders und PolDi

Laut „Kurier“ vom 5. Mai 2012 sind, akkordiert zwischen Energiewirtschaft, E-Control und Wirtschaftsministerium, bis spätestens 2019 in Österreich flächendeckend die neuen, von der EU bis Ende 2020 geforderten„intelligenten“ Stromzähler, sogenannte „Smart Meter“, zu installieren.

Was ist eigentlich ein ’Smart Meter?’

Dazu stellt der Kurier fest: „ gerade sechs Prozent“ wissen über dieses Thema überhaupt Bescheid. Es ist typisch für diese Art von Pressemeldung, der Bevölkerung die Schuld an ihrer Uniformiert-heit zu geben. Spätestens mit der diesbezüglichen Verordnung (25.10.2011) hätte das, was „Smart Meter“ überhaupt bedeutet, in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht werden müssen.

Mit Smart Meter ist ein intelligenter Stromzähler gemeint, tatsächlich ein kleiner Computer, der ständig den Stromverbrauch misst und mittels Datenfernübertragung sowohl Daten sendet, als auch zentral steuerbar ist. Diese Daten betreffen die unmittelbare Privatsphäre (z.B. Wann wird wieviel Strom verbraucht, also wie schaut der Tagesablauf aus…). Jederzeit kann zudem „der Strom abgedreht“ werden. Die Kosten dieser Geräte haben zudem die KonsumentInnen zu tragen (unten mehr dazu).

Fehlende und irreführende Berichterstattung

Über all das wurde aber bisher kaum berichtet, weil – wie in diesem Fall vorherzusehen – eine anwachsende Protestwelle verhindert werden sollte. Irgendwann muss aber die Bevölkerung auf die bevorstehende Veränderung, weil sie konkret in die Haushalte hineinreicht und dabei oft aus Unkenntnis zu spontanen Widerständen führt, desinformations-technisch und bewusst irreführend vorbereitet werden.

Da wird dann z.B. alarmierend von „Cyber-Attacke“ (BZ vom 8.2.2012) gesprochen: „Hacker überwinden das Sicherheitssystem und schalten das Stromnetz ab. Sie hätten die Stadt in der Hand und könnten ganz Wien oder einzelne Unternehmen erpressen“. Die Kritik soll sich in Richtung bessere Datensicherheit bewegen und nicht gegen die Maßnahmen selbst. Der Kurier bringt es fertig, „objektiv“ zu erscheinen, indem er zunächst die großen Vorteile für die VerbraucherInnen aufzeigt (angeblich über mehr Kontrolle durch den Zähler zu weniger Energieverbrauch und mehr Energieeffizienz, also weniger Kosten) und die dagegen vorgebrachte Kritik (Datensicherheit, Kosten, Elektrosmog, automatische Energieabschaltung) als mehr oder minder unqualifiziert ins Leere laufen lässt.

KPÖ-Bezirksrat und Mietrechtsexperte Josef Iraschko
"Die Zwangsverordnung für ’intelligente’ Stromzähler muss fallen!"

Wer profitiert, wer wird kontrolliert und soll dafür auch noch zahlen?

- Es geht es in erster Linie um die maximalen Profiten der europaweit agierenden Energieversor-gungsunternehmen (EVU), die über eine verstärkte Verbrauchskontrolle Spitzenlasten besser regulieren können und damit wesentlich effizienter und kostensparender die Erzeugung und Verteilung von Energie vornehmen können. Allerdings hat das kaum Bedeutung für die Energieversorgung von Millionen von Haushalten, und Großverbraucher haben ohnehin Sondervereinbarungen mit den EVUs über Verbrauch und Kosten. Warum also diese so vehement von Politik und Wirtschaft geforderte Umstellung auf Smart Meters?
- Es geht natürlich auch um ein Riesengeschäft für die Hersteller der Zähler. Schätzungen gehen davon aus, dass es bei einem Kostenpreis von rund € 350,00 pro Smart Meter allein in Österreich rund 2 Milliarden € zu verdienen gibt. Wenn man das EU-weit hochrechnet, dann kommt einerseits ein ordentlicher Gewinnschub zusammen, andererseits stellt sich natürlich die Frage, wer trägt die Kosten der Umstellung? War bis vor kurzem noch die Rede davon, dass die Kosten vom Endverbraucher (also den Haushalten) direkt zu tragen sind, versichert uns jetzt Herr Boltz (E-Control), wahrscheinlich in Richtung Immobilienbranche, die ihre Mietzinsreserve gefährdet sahen, dass die Smart Meter über das Messentgelt abgedeckt werden. Über diesen Trick wird also doch der Letztverbraucher belastet, die Kosten verstecken sich nämlich unter dem Begriff „Netzkosten“ des Netzbetreibers in der Jahreabrechnung. Die Aussage von Herrn Boltz ist eine hinterlistige Irreführung der VerbraucherInnen, weil die Installationskosten nicht offen als individuelle Kosten ersichtlich sind.
- Ein weiterer Punkt wäre das Versprechen von kontrollierter Senkung der Energiekosten. Was natürlich wiederum eine Verdrehung der tatsächlichen Verursachung bedeutet. Erstens wird der 24-Stunden-Kontroll-Zähler tatsächlich 24 Stunden in Betrieb sein, also entsprechend Energiekosten verursachen. Zweitens ist die Produktion dieser Zähler sicherlich nicht unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu sehen. Und drittens gehen seriöse Schätzungen von Einsparungen für den Endverbraucher von durchschnittlich € 20,00 pro Jahr aus. Es gibt derzeit keinen einzigen positiven Befund von Seiten der VerbraucherInnen für diese Umstellung. Verbrauchssenkende Maßnahmen können so sicherlich nicht erreicht werden, vor allem auch unter der Aspekt, dass die Industrie nach wie vor engergiefressende Produkte für die Haushalte auf den Markt wirft.

Tarnen und Täuschen

Fasst man die angeführten Punkte zusammen, ergibt sich ein Bild des Täuschen und Tarnens. Klarer wird es, wenn man folgendes genauer liest: in der 339. Verordnung der Bundesregierung vom 25. Oktober 2011 zur E-Control wird unter dem Punkt: „Anforderung an intelligente Messgeräte“ unter anderem ausgeführt:

„die intelligenten Messgeräte sind dahingehend auszustatten, dass die Möglichkeit besteht, die Kundenanlage von der Ferne abzusperren oder für die Wiedereinschaltung und Freigabe durch den Kunden aus der Ferne zu unterstützen sowie deren maximalen Bezug an elektrischer Energie zu begrenzen“ (§ 3, Absatz 8).

Welche Interessenen haben da der Bundesregierung die Hand geführt? Für die Energieunternehmen eine bisher undenkbare Quelle der Kosteneinsparung und damit eine auf maximalen Profit und Kontrolle angelegte Verordnung. Hier spielen alle künstlich erzeugten Involvierten auf Seiten der Profiteure zusammen: der Energieerzeuger, der Energielieferant, der Netzbetreiber und die Abrechnungsunternehmen. Allein dieser Absatz ist eine unmittelbare Bedrohung für jeden Konsumenten, egal ob er brav seine Rechnungen bezahlt oder nicht. Und ich meine, dass hier der eigentliche, derzeit noch sehr hintergründig erscheinende Aspekt der ganzen Zählerumstellung hervorscheint, und der führt in eine düstere Energie-Zukunft. Dazu passt auch eine Alarm-Meldung im Kurier vom 11. April 2012: „Stromausfälle könnten sich häufen“.

Ökologische Frage ist eine soziale Frage

Ich habe in einem Papier zum Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) unter dem Zwischentitel: „Das BGE und die ökologische Frage“ unter anderem folgende Ausführungen gemacht: „ Die Verbindung zwischen ökologischen und sozialen Kämpfen wird immer dringender und sie betrifft nicht nur den Produktion- sondern vielmehr noch den Verteilungs- und Konsumptionsprozess. Viele Kritiker aus dem ökologischen Lager hoffen auf die Vernunft im ökologischen Über-lebenskampf des Systems. Zu befürchten ist allerdings, dass der globale Konkurrenzkampf der weltweit führenden Konzernen eher zu staatlich organisierten autoritären bis diktatorischen Lösungen gegen die Bevölkerungen führen wird, die vor allem über immense Preiserhöhungen und künstlich erzeugter Energieknappheit zu erzwungenem Energiesparen führen soll, um so das ökologisch drohende Energiedesaster in der Produktion ausgleichen zu können.“

Widerstand ist notwendig

So gesehen stellt sich die Frage des notwendigen Widerstandes gegen die Umstellung. Was passiert eigentlich, wenn wir diese Umstellung verweigern? Wenn wir als politische Forderung verlangen, dass der Umtausch nur auf freiwilliger Basis geschehen darf? Sammeln wir Unterschriften, diskutieren wir diesen Anschlag auf unsere demokratischen, Verbraucher- und Datenschutzrechte. Informieren wir klug und überzeugend die Menschen in den Häusern. Unterstützen wir Hausgemeinschaften, die sich gegen diese Machenschaften zur Wehr setzen, rufen wir in den Häusern zu kollektiven Widerstandsmaßnahmen auf. Diese Verordnung muss fallen!


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