Aus wahltaktischem Kalkül - wie jetzt allseits so schön zu beschwichtigen
versucht wird - wird bewusst eine gesellschaftspolitisch gefährliche
Konfrontation in Kauf genommen.
Die durch Medien und Werbung, durch massenhafte Arbeitslosigkeit und
Armut verunsicherten, in Unklarheit über die gesellschaftlichen und
ökonomischen Bewegungsgesetze gelassenen Menschen lassen sich leicht gegeneinander aufhetzen. "Mobilisieren wir also die auf Grundlage der neoliberalen Entwicklung beruhenden und berechtigten Ängste und primitivsten Instikte der Menschen, denn das bringt uns vielleicht ein paar Prozent Stimmen mehr", so lautet die unausgesprochene Strategie der Rechten. Aber dahinter steckt mehr als Wahlkampfkalkül: dahinter steckt ein sehr bewusstes menschenverachtendes politisches Konzept, das sich dem neoliberalen Zeitgeist als Spaltungs- und Ordnungsprinzip anbieten möchte.
Und die Medien, die offizielle Politik? Haben sie nicht diese Entwicklung jahrelang durch Beschwichtigung und stillschweigende Duldung sowie durch mediale Förderung von rassistischem Gedankengut hingenommen? Wer gibt diesen Volksverhetzern nicht ständig und prominent das Podium? Wer tut so, als ob diese politischen Brandstifter Anspruch auf demokratische Rechte hätten? Wer versucht, sich aus einer klaren antirassistischen Haltung herauszuwinden, indem er solche unmenschlichen Angriffe wie diesen Ausfall der steirischen FPÖ-Politikerin Susanne Winter als taktisches Manöver hinstellt?
Rassismus ist keine Meinung, der aus demokratiepolitischen Gründen auch Gehör verschafft werden muss. Im Gegenteil: jede sich demokratisch nennende Gesellschaftsform muss mit Vehemenz solche
Tendenzen unterbinden und mit allen gesetzlichen Mitteln verfolgen.
Rassismus und jede Art von Xenophobie zielt auf die Demokratie und ist ein Verbrechen gegen die menschliche Gesellschaft, gegen die Würde des Menschens, und muss daher als solches geahndet werden.
Alle Offiziellen, die sich jetzt scheinheilig empören oder nur stillschweigend mit der Achsel zucken, hoffen letztendlich nur, dass dieses Potential der jahrzehntelang irregeführten, verängstigten und verunsicherten Menschen irgendwann auch für sie mobilisierbar wird. Man ist in der offiziellen Politik eher verärgert, dass es der FPÖ wieder gelungen (?) ist einen "wahltaktischen Coup" gelandet zu haben.
Aber was ist das für eine Gesellschaft, wo so etwas einen vermeintlichen Vorteil bringt? Muss man sich nicht eher die Frage stellen, wer für diesen
Zustand verantwortlich ist? Doch nicht die FPÖ allein! Wir müssen uns fragen, was wir eigentlich aus der Entwicklung zum Faschismus gelernt haben. Wenn wir jemals wieder die Frage stellen müssen: "Wie konnte das geschehen?", ist es bereits zu spät.
Welchen Stellenwert haben da Verniedlichungen wie "unappetitlich"? "Aufreger der Woche", oder wenn Bundespräsident Fischer in der Kronenzeitung verlautbaren darf: "Das ist nicht die Stimme Österreichs"? Offenbar wurden gerade diese Stimmen bisher aus machtpolitischen Überlegungen geduldet und medial hofiert. Wie kann man die rassistischen Eskapaden der FPÖ vom 13.1.2008 damit abtun, dass es sich ja eh nur um einen wahltaktischen Sager handle?
Und dann diese perverse Frage, ob uns das nicht international schade? Wo sind die klaren und eindeutigen Sanktionen, die strafrechtliche Verfolgung dieser Verhetzung und die Forderung nach einem Verbot dieser Partei?
Wie weit muss das, was wir Demokratie nennen, noch beschmutzt, beschädigt und unglaubwürdig gemacht werden?
Für PolDi empfehle ich daher keinen Kontakt zu Personen dieser Partei,
mögen sie sich privat auch noch so sehr distanzieren, kein Podium, keine
gemeinsamen Aktionen, solange sich beispielsweise die FPÖ zumindest im Bezirk Leopoldstadt nicht offiziell von den rassistischen Sagern aus
Graz und Wien entschuldigt und diese klar und eindeutig zurückweist.
Es ist nur zu hoffen - und da bin ich mir noch relativ sicher, dass die
Grazer Bevölkerung diesen politischen Rattenfängern nicht auf den Leim geht und somit die menschenverachtende Strategie der FPÖ nicht aufgeht.
Meint Euer
Josef Iraschko, KPÖ-Bezirksrat in Wien-Leopoldstadt
und Mitarbeiter im PolDi-Team