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Eine Abschiebung versaut die politische Moral

Samstag 9. Oktober 2010, von Kosmonaut

Der Herausgeber von "Österreich" (vom 8.10.2010, S. 2), W. Fellner, sieht in der Abschiebung der kosovarischen Familie, achtjährigen Zwillingen und deren Vater, eine der Folgen des aktuellen Wiener Wahlkampfs. Er beklagt, dass der Wahlkampf Strache ein Rekordwahlergebnis bescheren wird, dass der Islam zum absoluten Feindbild stilisiert wird. Fellner behauptet, die Aktion sei ein speziell gesetzter "Schlusspunkt" des Wahlkampfs, nicht aber die Folge bestehender Gesetze.

Fellner stört der "beinharte Anti-Ausländerwahlkampf". Doch "beinhart" und deswegen von Fellner für ablehnenswert befunden ist er nicht, weil von allen Seiten gegen Ausländer mobil gemacht wird, sondern weil dabei auch die Moral der Ausländerfeinde "versaut" wird. Und wenn’s so destruktiv wird, hört sich für Fellner der Spaß auf. Es stören ihn nicht die Zustände, sondern deren Auswüchse. Erwachsene abschieben, mit oder ohne Wahlkampf, dagegen hat Fellner nichts, aber Politik "auf dem Rücken der Kinder", das ginge nicht.

Ist Fellner nun ausländerfreundlich oder zumindest weniger ausländerfeindlich als der österreichische Durchschnitt? Es hat den Anschein, als ob Fellner, wenn schon nicht für erwachsene Ausländer, dann zumindest für kindliche Ausländer Partei ergreifen würde, aber weit gefehlt.

Den Schilderungen der Brutalität einer Abschiebung und ihren Folgen liegt eine Kritik an der staatlichen Ausländerfeindlichkeit zugrunde, die darin gipfelt, dass die es erst soweit hat kommen lassen. Mit Berufung auf die derzeitige Stimmung in Wien gibt er seine Haltung preis - und die entspricht genau dem, was er soeben noch beklagt hat. An der Stimmung gefällt ihm der Ton nicht, am Inhalt hat er nichts auszusetzen: "Die Menschen sind sauer über zu viel Zuwanderung" - die kosovarischen Eltern sind zuviel, nur deren Kinder offenbar nicht; - "Schulen in denen nicht Deutsch gesprochen wird" - das Delikt kann den Kindern nicht angelastet werden; sie sprechen angeblich perfekt deutsch und sind obendrein jetzt eh nimmer da; - "und ein Asyl-Chaos" - da konnten sich diese Kosovaren jahrelang aufhalten, so dass man für sie jetzt extra eine so grausliche Abschiebung veranstalten muss - "wo mit Anwälten jahrelang getrickst wird" - das ist gegen die Anwältin gemünzt, die die Familie betreut hat und auf der selben Seite zu Wort kommen darf.

Nachdem er sich seinen Frust über die Ausländerpolitik vom Leib geschrieben hat, gibt er wieder dem Wahlkampf die Schuld. Nicht die von Ausländerfreunden, wie Fellner, geteilte Grundstimmung, sondern wenn sich diese Stimmung in einem Wahlkampf manifestiert, habe dazu geführt, "dass Menschlichkeit nicht zählt und Kinder gnadenlos abgeschoben werden" - wobei sich die Frage aufdrängt, was man sich unter einer nicht gnadelosen Abschiebung - das kann ja nur das Dableiben bedeuten - vorstellen darf.

Gnadevoll wäre es, die Eltern samt Kindern erst gar nicht in eine solche Situation zu bringen, indem man sie gar nicht reinlässt oder früher - damit sie erst gar nicht auf die Idee kommen, sich Hoffnungen auf ein Leben in Österreich machen zu können - und unauffälliger außer Landes bringt.

Fellners menschenverachtende Schlussfolgerung: "Wenn das so ist, dann hat der Wiener Wahlkampf die politische Moral versaut." Das Opfer der Abschiebung sind nicht die Kosovaren, sondern etwas Höheres: die Moral. Ein Ausländerfreund ist einer, der möchte, dass Ausländer gar nicht nach Österreich kommen, damit sie den staatlichen und privaten Ausländerfeinden keine Unterfütterung für ihre Feindschaft geben können und sich so ihre Moral bewahren können. Auch am Moralverfall sind die Ausländer Schuld. Das ist die Ausländerfreundschaft des anständigen Österreich.


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