Die vergangenen Wahlen haben einmal mehr den ideologischen Niedergang der SPÖ bestätigt: wer nach rechts offen ist wie ein Scheunentor und sich gleichzeitig vehement gegen links abschottet, der soll sich über den Zulauf der Rechtsradikalen nicht wundern. Zusätzlich liefert die jahrzehntelang eingeübte paternalistische Politik der SPÖ die Menschen leicht einem Führungskult aus, der im gesellschaftlichen Konfliktfall sehr schnell vom rechten Rand bedient werden kann. Ebenso sind jene Teile der Linken nicht gefeit gegen rechte, letztlich diktatorische Umwandlungen, die einem ideologischen Führungskult anhängen, so z.B. wenn sie meinen, sie allein hätten die letzten Wahrheiten und Antworten gefunden.
Das einzige Bindeglied an die Sozialdemokratie ist offenbar nur mehr die eigene bittere Vergangenheit, aus der aber die Parteiführung nichts lernen will, bzw. dienen die Ereignisse nur mehr als Organisierungsmuster. 1934, aber auch 2000, haben hinlänglich bewiesen, dass auch noch so starkes Anbiedern nach rechts letztlich vor der Niederlage nicht schützt.
Wenn Häupl gleich nach der Wahl eine verbale Kampfansage gegen rechts loslässt, dann setzt er sehr bewusst auf die Traumata der Vergangenheit als wirkungsvollstes Bindemittel. Die SPÖ-Führung weiß sehr wohl, dass ihre neoliberale Wirtschaftspolitik (man braucht sich nur Wien herzunehmen) immer mehr "Verlierer" erzeugt, die dann durch die Ausgrenzung linken Gedankenguts nur mehr den Weg nach rechts offen haben.
Neoliberalismus und Rechtsradikalismus aber sind wie eineiige Zwillinge, sie haben die gleiche Keimzelle. Der eine kann nicht ohne den anderen. Der offene Rassismus der FPÖ/BZÖ, ihre Fremdenfeindlichkeit dienen dem neoliberal organisierten Kapital in besonderer Weise: je stärker die rassistische gesellschaftliche Ausgrenzung der ImmigrantInnen, desto recht- und schutzloser sind sie dem Arbeits- und Wohnungsmarkt ausgeliefert. Die Wirtschaft bekommt wehrlose und damit billige Arbeitskräfte, und der private Wohnungsmarkt verdient sich an den Wohnung suchenden ImmigrantInnen goldene Nasen durch den rassistisch versperrten Zugang zum kommunalen öffentlichen Wohnungsbau. Noch viel entscheidender aber für das Kapital ist der Rassismus als Spaltungsinstrument innerhalb der arbeitenden Klassen. Diese Spaltung ist äußerst wirksam und das wichtigste Ziel im neoliberalem und rechtem Gleichschritt.
Humanismus und Menschenrechte sind richtige Antworten gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Aber sie sind gleichzeitig zu wenig und letztlich inkonsequent, wenn sie nicht mit einer entsprechenden Wirtschafts- und Sozialpolitik gekoppelt werden. Wer, wie das LIF, Teile der Grünen und der SPÖ einerseits das neoliberale Wirtschaftsmodell der EU gutheißt, und andererseits das “Gutmenschentum” predigt, für den ist Humanismus und Antirassismus entweder nur ein politisches Vehikel oder er kennt tatsächlich nicht die starke Affinität zwischen Neoliberalismus und rechtem Gedankengut. Dann wird er aber auch bei Zuspitzung in der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen als “Gutmensch” scheitern und sehr schnell im rechten Lager landen oder – was letztlich genau so fatal ist – verstummen.
Die Linke sollte den Zusammenhang zwischen Neoliberalismus und Rechtsradikalität stärker in die Öffentlichkeit tragen. Sie muss auch verstehen, dass gegen AusländerInnenfeindlichkeit humanistische und menschenrechtliche Antworten allein nicht genügen. Sie muss deutlicher herausarbeiten, dass sie Rassismus vor allem deswegen bekämpft, weil er ein herrschaftliches Instrument zur Spaltung der arbeitenden Menschen ist. Die Linke kämpft für eine andere Gesellschaft (eine andere Welt ist möglich!) und in diesem Kampf kann und darf es nicht sein, dass sich die arbeitenden Menschen gegenseitig bekämpfen und sich so im Kampf gegen die herrschende Klasse für eine andere Welt schwächen.
Wenn es stimmt, dass die KPÖ bei der letzten Wahl auch etliche Stimmen an das LIF,das in der Frage des Neoliberalismus eigentlich den entgegengesetzten Pol vertritt, dann vielleicht auch, weil sie in der Frage des Antirassismus zu wenig betont hat, dass sie damit auch einen Kampf um die Einheit der arbeitenden Menschen führt, weil der Kampf für eine andere Gesellschaft nur gemeinsam geführt werden kann und da müssen auch durchaus vorhandene zwischen-gesellschaftliche Differenzen hintanstehen.
In Abwandlung des einleitenden Zitats von Julius Tandler ließe sich abschließend das heute so formulieren: Wer den arbeitenden Menschen eine lebbare solidarische Zukunft gibt, braucht keine Angst vor rechten Erklärungsmustern zu haben. Dafür lohnt es sich trotz (Wahl-)Niederlagen zu kämpfen. Ob SPÖ, Grüne und LIF mit ihrem oft nur verbalen und nicht zu Ende gedachten Antirassismus dabei sein werden, ist zu hoffen aber leider auch zu bezweifeln. Den Linken muss bei allen Differenzen eines klar sein: der Rechtsradikalismus darf sich nicht gesellschaftlich etablieren und manifest werden. Hier müssen wir KommunistInnen Bündnisse und Angebote bis weit in das konservative und kirchliche Lager machen ohne allerdings zu verschweigen, dass nur eine andere, gerechtere Gesellschaft das Übel Rassismus ausrotten kann.