Andere Begriffe dafür sind hostile architecture, hostile design oder Anti-Obdachlosen-Architektur. Darunter werden verschiedene Formen der architektonischen Gestaltung verstanden, die abschreckende bzw. abwehrende Wirkung gegen bestimmte Personen oder Personengruppen haben sollen. Ganz offensichtlich ist das bei kleinen metallenen Spitzen, Kugeln oder Stacheln, die bei Hausnischen angebracht sind.
Wir sind alle gemeint
Defensive Architektur richtet sich allerdings nicht nur gegen kriminelles Verhalten oder obdachlose Menschen.
Einfache Ornamente – scheinbare Verzierungen – auf Steinpollern, die als Abgrenzung dienen, hindern alle Menschen daran, sich darauf zu setzen. Mistkübel mit abgeschrägtem Aufsatz, damit man nichts darauf ablegen kann, sowie Sitzbänke mit abgeschrägter Sitzfläche oder runde bzw. eiförmige Sitzsteine, wie wir sie seit einigen Jahren am Praterstern bewundern können, hindern nicht nur daran, darauf zu schlafen, sondern sogar, darauf zu sitzen. Nur kurzes Rasten scheint erlaubt, dann wird es zu unbequem.
Welche Formen sind in Wien zu beobachten:
In Wien lassen sich diverse defensive Maßnahmen beobachten, die öffentliche Räume so gestalten, dass bestimmte Nutzungen erschwert werden. Beispiele dafür sind:
Bushaltestellen-Design:
Sitzbänke an Haltestellen sind oft mit festen Armlehnen oder abschrägten Sitzflächen ausgestattet, um längeres Sitzen oder Schlafen zu verhindern.
Öffentliche Sitzmöbel:
An vielen Orten in der Stadt – etwa an Plätzen oder in Fußgängerzonen – sind Bänke und Sitzsteine so gestaltet, dass sie ungemütlich wirken, wenn man sich zu lange darauf aufhält.
Anti-Lager-Systeme:
Mülleimer und andere städtische Einrichtungen sind oft so konstruiert, dass das Abstellen von Gegenständen oder das Verweilen erschwert wird, um eine dauerhafte Nutzung zu vermeiden.
Gestalterische Maßnahmen:
Elementare Designelemente wie spitze Metallakzente oder ungewöhnliche Oberflächenstrukturen kommen zum Einsatz, um das "Anlehnen" oder "Nisten" an Gebäuden und öffentlichen Einrichtungen zu verhindern.
Diese Maßnahmen sollen offiziell der Sicherheit und Ordnung dienen, werden jedoch auch kritisch dahingehend betrachtet, dass sie bestimmte Bevölkerungsgruppen – insbesondere Menschen in prekären Lebenssituationen – ausschließen können.
Was könnte man tun:
Im Gegensatz zu defensiver Architektur, die darauf abzielt, bestimmte Nutzungen und Personengruppen aus öffentlichen Räumen auszuschließen, setzen inklusive Konzepte auf Gestaltungen, die vielfältige Nutzungen erlauben und alle Bürger*innen ansprechen. Einige Ansätze sind:
Flexible Sitz- und Aufenthaltsmöbel:
Möbel, die sich leicht an verschiedene Bedürfnisse anpassen lassen, wie umklappbare Parkbänke, die bei Bedarf Schutz bieten oder in Tische umgewandelt werden können, fördern längere und vielfältige Aufenthalte.
Multifunktionale Stadtmöbel:
Konzepte, die zusätzlich Funktionen wie Ladestationen für mobile Geräte oder sogar integrierte Informationssysteme bieten, machen den öffentlichen Raum attraktiver und nützlicher für alle Bevölkerungsgruppen.
Barrierefreie und adaptive Gestaltung:
Der Einsatz von Materialien, Formen und Anordnungen, die Menschen mit unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnissen gerecht werden, sorgt dafür, dass öffentliche Plätze für Senioren, Menschen mit Behinderung oder Familien mit Kindern zugänglich sind.
Partizipative Stadtplanung:
Indem Bürger*innen aktiv in Planungsprozesse einbezogen werden, können Stadtgestaltungen entstehen, die den Bedürfnissen der gesamten Gemeinschaft entsprechen – statt auf ausschließende Sicherheitskonzepte zu setzen.
Temporäre und modulare Raumkonzepte:
Pop-up Parks oder mobile Sitzlösungen ermöglichen es, Räume je nach Bedarf umzuwandeln und so flexibel auf wechselnde Anforderungen der Stadtbewohner*innen zu reagieren.
Diese Ansätze fördern nicht nur das soziale Miteinander, sondern schaffen auch Räume, in denen sich jeder wohl fühlt.
Wir sind überzeugt: Wien muss eine Stadt sein, in der sich jeder willkommen fühlt. Wir fordern eine inklusive Stadtgestaltung, die Vielfalt feiert und allen Bürger:innen Raum für Leben, Begegnung und Teilhabe bietet.