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Wen soll ich wählen? POESIE INS PARLAMENT! Von Gerald Grassl

Die Qual der Wahl

Donnerstag 26. September 2013, von Gerald Grassl

Seit Monaten habe ich schlaflose Nächte:
Wen soll ich wählen?!
Die Diskussionen am Stammtisch drehen sich fast nur mehr um ein Thema: Wen sollen wir wählen?!
Am nicht vorhandenen Arbeitsplatz in der nicht mehr vorhandenen Kaffeepause betreffen alle Gespräche nur Eines: Welcher der zur Wahl stehenden Kandidaten ist am schönsten?!
Die häufigste Antwort: Niemand! Aber wer will schon einen oder eine Niemand wählen? Niemand.
Daher bleibt die Qual der Wahl: Wen soll ich wählen?

lle meinen es jetzt so gut mit mir. Alle versprechen mir für ein paar Wochen das Blaue vom Himmel.

Vor den Wahlen. Und danach?

Die Mieten werden noch höher! (In früheren - wirtschaftlich viel schlechteren - Zeiten machten sie durchschnittlich 10, heute mehr als 30 Prozent des Einkommens aus!)

Beim Lebensmitteleinkauf musste ich früher nicht erst die Groschen zählen ob ich mir das Notwendigste leisten kann. Wo sind die Zeiten als Stellenangebote, die nur den Kollektivlohn versprachen, nicht einmal beachtet wurden?

Wo ist die Zeit, als nach der 38-Stunden-Woche die Einführung der 30-Stunden-Woche die Hauptlosung war?

Eine Forderung will den 12-Stunden-Tag wie im Jahr 1900, dazu werden die Sozialleistungen laufend gekürzt, auf Standards, die zum Teil in der Ära des Kaisers schon besser waren.

Lohnnebenkosten senken!

So lautet die Forderung der Unternehmer.
Und alle im Parlament vertretenen Parteien rufen dazu Juhu! Natürlich! Machen wir!

Und den normalen Steuerzahlern wird so lange eine bessere Welt mit weniger Steuern vorgegaukelt, bis sie es auch wirklich glauben und die Partei wählen, die in diesem Irrwitz-Rennen das beste Angebot macht: Am besten gar keine Steuern oder vielleicht doch eine sogenannte Flat-Tax?
DAS ist von allen Wahlversprechen aller Parlamentsparteien für die überwiegende Mehrheit die teuerste Androhung: Denn wer bezahlt dann diesen Verlust an Sozialsteuern? Wer zahlt drauf?

Verkaufts mei Gwand / I foahr in Himmö ist die Politik der Milliardäre und sogenannten wirtschaftsfreundlichen Parteien.

Welche Wirtschaft für wen in wessen Interesse?

Gemeint ist bei „Senkung der Lohnnebenkosten“ natürlich NUR der Anteil der Unternehmer an Sozialleistungen. Und wer soll diese Ausfälle in den Krankenkassen, Arbeitslose usw. bezahlen? Wenn alle Korruption rufen, schallt es sogleich zurück: „Unschuldsvermutung!“

Gleichzeitig gibt es massive SCHULDvermutungen und Vorurteile: Gegen „Fremde“, „Ausländer“, Asylanten, Flüchtlinge, Migranten. Sie kommen in Schubhaft und nur ein Häuflein der letzten Aufrechten protestiert dann gegen dieses Unrecht…

Da klingt dann das nur mehr als „Nebensache“: Bin ich denn wirklich der Einzige, den es maßlos ärgert, wenn Kinder in der Werbung eingesetzt werden?

Und schon gar nicht ist es zulässig, dass politische Parteien Kinder in der Werbung MISSBRAUCHEN!

Vor allem der Vizekanzler. Immer wieder ER mit Kindern auf Plakaten. Nicht nur mit irgendwelchen Kindern, die von Werbeagenturen vermittelt wurden, sondern sogar die eigenen Kinder missbraucht DER zu Werbezwecken.
Und dann der Schock: Er ist mit dieser ekelhaften Werbemethode nicht allein! Auch die grüne Spitzenkandidatin präsentiert sich „kinderfreundlich“ als Kindesmissbraucherin!

Aber Scham hat bei Wahlen sowieso noch nie eine Rolle gespielt…
Der HC, selbsternannter Oberchrist der Nation, hat anscheinend nicht einmal die Bibel gelesen:

Thema NÄCHSTENLIEBE…

Im Gleichnis vom „barmherzigen Samariter“ wurde ein „Fremder“ anderen Glaubens von Räubern überfallen. Alle gehen achtlos vorbei.
Erst der „barmherzige Samariter“ ist bereit „zu lieben wie sich selbst“. In einer der zahlreichen Bibelübersetzungen heißt es daher auch: „Du sollst einen FREMDEN lieben wie dich selbst…“

Der Selbst-Betrug in der Farbe Orange

Das letzte Häuflein der Haider-Verehrer ist ein komischer Selbstzerbröselungsverein, der die Politikerkorruption erst zur ganzen Blüte brachte...

Bei der Qual der Wahl fallen die im Parlament vertretenen Parteien schon einmal weg.

Wären da noch ein paar Lustig-Parteien:

Zum Beispiel die Partei der Neonlichter, gegründet von frustrierten Ex-Schwarzen, denen die Mutterpartei nicht (wirtschafts-)liberal genug war, liiert mit Ex-Blauen, denen die Nazi-Rabauken unter Haider und später bei Strache halt auf die Nerven gingen, mit einem Multimillionär als Ministerkandidaten. Na super! In welchen Märchenbüchern haben die gelesen, dass ein Großunternehmer am wirksamsten die Interessen von Arbeitern, Angestellten oder Erwerbslosen vertritt?

Die Piraten: Nett. Datenschutz. Super. Freies ungehemmtes Downloaden vom PC! Super!

Und wovon leben alle, die die Lieder singen oder Bücher schreiben? Das ist doch uns egal, Hauptsache, es ist alles gratis. Super. Wenn die Zeit gekommen ist, wenn auch Mieten, Lebensmittel und PCs gratis sind… Die flotten Piraten sind kunstfeindlich wie alle anderen zufriedenen „Kulturbürger“… Und was wollen die Piraten noch? Darüber muss im Internet erst noch basisdemokratisch abgestimmt werden.
Fasse zusammen: Alle Parlamentsparteien wollen Parteien der Mitte sein, wodurch in der Mitte ein derartiges Gedränge herrscht, dass sie kaum mehr untereinander zu unterscheiden sind.

Keine Parlamentspartei steht in echter Opposition zu den herrschenden Verhältnissen.

Nur dem kanadischen Milliardär, dem fehlen die Werte in unserer Gesellschaft. Seine Werte.

Mehrwerte, die aus Milliardären Multimilliardäre werden lässt, der sich Politik kauft und aus den von ihm gekauften Politikern Papageien macht, die ihn wie in einer religiösen Sekte als Guru verehren…

Die verlorene Stimme

Also erst gar nicht oder ungültig wählen!
Unlängst wurde ich gefragt, worin der Unterschied zwischen nicht - und ungültig wählen bestünde.

Es ist ein kleiner, doch wirkungsloser Unterschied: Ungültig wählen manifestiert die persönliche Frustration über die Politik, erst gar nicht wählen signalisiert politisches Desinteresse.
Im Ergebnis stärken die, die nicht oder ungültig wählen, die jeweiligen Wahlsieger - schrieb der Schriftsteller Max Frisch (1911 - 1991).

Und gibt es da sonst nichts anderes mehr?

Wohin also mit meiner Qual der Wahl?

Da wären ja auch noch die Kommunisten!

Aber bitte! Sagen meine Freunde vom Stammtisch. Die Kummerln haben doch keine Chance, ins Parlament zu kommen! Das ist eine verlorene Stimme …

Und wenn ich in meinem Gemeindebau der letzte wäre, der links wählt, wähle ich TROTZDEM immer noch links. Weil ich gar nicht anders kann. Weil ich ein Zeichen setzen will, dass es noch immer ein paar Unentwegte gibt, für die Solidarität nicht nur der Titel einer Gewerkschaftszeitung ist.

Und wenn es nur 1 oder 2 Prozent sind, die so denken, ist es zwar irgendwie traurig, aber trotzdem notwendig. Lieber 2 Prozent als 0,2 Prozent, bleibe ich halt wie bisher Außerparlamentarische Opposition! Das ist auch nicht schlecht…

Früher hatten Mehrheiten der Bevölkerung zwar längst den Glauben an ein besseres Leben im Himmelreich verloren, hatten jedoch noch die Hoffnung einer besseren Zukunft im Sozialismus.

Wer will überhaupt noch den Kapitalismus? Wer ist noch immer so naiv zu glauben, dass der Kapitalismus „besserungsfähig“ ist?

Sie alle haben sich mit dem Kapitalismus längst arrangiert: Die Sozialdemokraten sowieso und die Grünen sind eine Gruppe von bürgerlichen Wutbürgern mit linkem Rand.

Wenn ihr alle anderen diese Hoffnung auf ein gerechtes Gesellschaftssystem aufgegeben habt, ist‘s eure Sache. Ich bleibe davon überzeugt, dass der Sozialismus ein besseres Gesellschaftssystem als der Kapitalismus wäre.

Natürlich, die Chance, dass die Kommunisten ins Parlament kommen, ist gering, aber nicht aussichtslos. Wenn jeder und jede, die sagen, ein paar Kummerln im Hohen Haus würden ordentlich umrühren, die KPÖ auch wählten, wäre diese Partei schon längst im Parlament!

Ausgeschlossen ist es diesmal nicht, dass die KPÖ ein Grundmandat erhält, denn in der Steiermark ticken die Leute offenbar anders: Dort ist die Möglichkeit, dass die Kommunisten auch den Sprung ins Parlament schaffen, gar nicht so schlecht…

Aber würde ich irgendeine andere Partei wählen, wäre ich heute schon sicher, dass ich etwas verloren hätte: Meine Stimme. Denn jede Stimme zugunsten eines „kleineren Übels“ ist eine verlorene Stimme. Wo ist die Stimme geblieben? Wer ist im Parlament noch LINKS?

Gerald Grassl

Ich will:

POESIE INS PARLAMENT!

Gerald Grassl. Werkkreis Literatur der Arbeitswelt, Vivariumstraße 8/4/18, 1020 Wien. E-Mail: tarantel-wien@gmx.at


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